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Hinter den Kulissen: Jury-Mitglied bei einem Fotowettbewerb

Als begeisterte Fotografin oder Fotograf hast du sicherlich schon mal über eine Teilnahme an einem Fotowettbewerb nachgedacht. Vielleicht hast du auch schon einmal teilgenommen. Doch wie sieht eigentlich die andere Seite des Wettbewerbs aus? Wie läuft die Auswahl ab? In diesem Blog-Artikel möchte ich dir einen kleinen Einblick in die Arbeit als Jury-Mitglied bei einem Fotowettbewerb geben.

 

Seit 2019 bin ich Teil der Jury des FZA Werkstattpreis für Fotografie und weiß wie viel Arbeit hinter den Kulissen eines Wettbewerbs steckt. Die Auswahl des Themas, die Bewerbung, ob über Folder, Zeitung oder Sozialen Medien – das alles ist schon ein großer Aufwand, zeitlich, finanziell  und personenintensiv. Und schlussendlich gibt es Menschen, die die Jury bilden und die eingesendeten Fotos beurteilen. Wie funktioniert denn so eine Beurteilung von Fotos und was macht die Jury eigentlich?

 

Wie läuft ein Fotowettbewerb im Hintergrund ab?

Bei jeder Ausschreibung zum FZA Werkstattpreis für Fotografie gibt es ein Wortthema – dieses Jahr ist es „menschen.leben“ – das es fotografisch umzusetzen gilt. Nach der Einreichfrist ist die Jury mit hunderten eingesendeten Fotos konfrontiert, die anonymisiert wurden. Das heißt, die Jury weiß nicht, wer es eingesendet hat. Das aus dem Grund, um nicht jemanden zu bevorzugen, den man vielleicht kennt.

 

Als Jury-Mitglied lassen wir uns auf die Vielfalt der Einreichungen ein und treffen eine Vorauswahl – die Short List – aus allen eingereichten Fotografien, was online geschieht und zwar unabhängig voneinander, damit wir uns nicht gegenseitig beeinflussen. Zusammen mit dem Publikumsvoting werden die Siegerfotos ermittelt. Die Sichtung der Einsendungen erfordert Zeit, Geduld, Sorgfalt und Erfahrung, um eine faire und objektive Auswahl zu treffen.

 

Worauf achte ich bei einer Fotografie?

Gerade bei der Sichtung sehr vieler Fotos, fallen mir gleich ein oder mehrere Bilder auf. Dabei frage ich mich: Gefällt es mir „nur“ persönlich oder entspricht es auch wirklich der Aufgabenstellung. Mein persönliches ästhetisches Empfinden muss ich als Jurorin bewusst einsetzen und so objektiv wie möglich an die Beurteilung der fotografischen Werke herangehen. Es geht mir darum, das Wettbewerbsthema aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten und eine Auswahl zu treffen, die diesem gerecht wird.

 

Ehrlich gesagt, es gibt schon etwas Persönliches in meiner Sichtweise. Ist die Umsetzung „klischeehaft“, also Darstellungen, die psychologisch meist gut funktionieren, dann muss ich diese sehr genau prüfen, ob hierbei ein neuer Ansatz zu finden ist.


Mir kommt es darauf an, die fotografische Qualität und die Interpretation des Wettbewerbsthemas zu bewerten. Für mich heißt es nicht unbedingt, dass ein Foto allen Qualitätskriterien – wie Schärfe, Bildgestaltung, etc. – entsprechen muss. Vor allem Originalität und Kreativität – die Uniqueness bzw. Einzigartigkeit – stehen für mich im Vordergrund.

 

Bei der Sichtung von hunderten Fotografien bin ich fast schon übersättigt von den vielen Eindrücken. Das heißt, ich muss mir Zeit geben, mehrere Durchgänge machen, auch mal einen Ruhetag einlegen, um nicht zu voreilige Entscheidungen zu treffen. Denn manchmal kann ein gutes Foto auf den zweiten Blick vielleicht doch nicht zum Thema passen oder es gibt zufällig zwei ähnliche Fotografien. Da gilt es zu entscheiden. Ein Durchgang alleine reicht mir persönlich nicht.

 

Vor allem muss ich mir bewusst sein, dass in diesem Fall – wie bei einem Fotowettbewerb für Amateur:innen – sehr unterschiedliche Entwicklungsebenen zusammenlaufen können. Es gibt Fotograf:innen, die zwar keine Profis im Sinne von Berufsfotograf:innen sind bzw. Geld mit ihren Fotos verdienen, aber dennoch im Sinne der fotografischen Entwicklung Semiprofis bzw. Vollprofis sind, was fototechnisches bzw. bildgestaltendes Herangehen betrifft.

 

Natürlich sehe ich als Jurorin Kriterien wie Bildgestaltung, Schärfe, Lichtsetzung, etc. aber der Anspruch an ein Werbefoto ist ein anderer – weil es eine Auftragsarbeit ist, als wenn es um einen Amateurwettbewerb geht. So kann z. B. ein vermeintlich unscharfes Foto trotzdem eine solche Bildaussage haben, dass es eine Story erzählt und wirkt.

 

Künstlich hergestellte Werke

Ein Punkt, der jetzt auch für alle anderen Fotowettbewerbe wesentlich ist bzw. wird, herauszufinden, ob es bei den Einsendungen auch Werke mittels Künstlicher Intelligenz (KI)  gibt. Mittlerweile gibt es auch schon Wettbewerbe für KI-Fotos (z.B. von der Fotozeitschrift fotoforum). Bei den Sony World Photography Awards 2023 gab es auch schon ein KI-Bild in der Kategorie "Kreativ".  Der Berliner Fotograf Boris Eldagsen, der dieses Bild geschaffen hat, nimmt den Preis übrigens nicht an.

 

Denn so richtig waren wir in der Fotowelt nicht darauf vorbereitet und noch ist es „relativ“ einfach ein künstlich erzeugtes Foto zu erkennen, aber zukünftig werden die Wettbewerbsregeln für Fotografie darauf eingehen müssen.

 

Fazit

Als Jury-Mitglied eines Fotowettbewerbs erlebe ich immer wieder eine faszinierende Bandbreite von fotografischen Werken und bekomme interessante Einblicke in die Kreativität und Vielfalt der Herangehensweisen von Fotograf:innen. Es ist eine herausfordernde, aber auch sehr bereichernde Erfahrung, wie das Thema unterschiedlich gesehen wird.

 

Es begeistert mich immer wieder, wie viele unterschiedliche Herangehensweisen es in der Fotografie gibt, egal welches Genre der Fotografie bzw. ob es analog oder digital entstanden ist.

 

Ich freue mich auch schon sehr auf die diesjährigen Einsendungen und bin echt gespannt auf eure Werke.

Alles Liebe und viel Erfolg,

eure


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